Praxiskurs „Holzschindel kliabn“ am WALDCAMPUS Traunkirchen

Praxiskurs „Holzschindel kliabn“ am WALDCAMPUS Traunkirchen

Januar 5, 2025 Aus Von Monika Bargmann

Nach vielen Jahrzehnten der „forstlichen Keimruhe“ fand im Salzkammergut auf Initiative von Direktor DI Florian Hader ein Praxiskurs zur Wiederbelebung eines fast vergessenen Waldberufes an der Forstlichen Ausbildungsstätte Traunkirchen statt.

Im waldreichen Voralpengebiet zwischen Traunsee und Attersee gab es bis ins 20. Jahrhundert hinein in der sg. „Viechtau“ eine einzigartige Handwerkskultur von über 100 kleinbäuerlichen Familien, die in Heimarbeit in der Winterzeit vielfältige Holzwaren erzeugten. Dabei wurden von Kleinbauern auch Spaltwaren wie Holzschaffel, Butterfässer und Wasserlagl aus bestem Holz gezimmert.

Fast verschwundenes Handwerk neu belebt

Eng verwandt ist das „Holzschindelmachen“, eine Domäne der Holzknechte und Zimmerleute. Leider kam mit dem Ableben der letzten Ausübenden im letzten Jahrhundert mangels Nachwuchs in der Handwerkerzunft auch das Schindelhandwerk beinahe zum Erliegen (siehe Kasten am Ende). Doch Totgesagtes lebt weiter fort, wenn sich gleichgesinnte Idealisten zusammen finden. So trafen sich am 22. November 2024 dreizehn „Lehrlinge“ aus Oberösterreich, Salzburg und Niederösterreich mit Leidenschaft zum Werkstoff Holz, um das „Holzschindel kliabn“, ein vergessenes Waldhandwerk, zu erlernen.

Ermöglicht wurde dieser Praxiskurs durch die Initiative von Direktor DI Florian Hader und Forstmann Siegi Ellmauer, der den Kurs mit Hilfe von den Arbeitslehrern Fwm Georg Dobler und Christian Kaltenböck in vielen Wochen vorbereitete.

Tannen und Lärchen ausgewählt

Nun galt es die schwierigste Hürde zum Gelingen des Kurses zu schaffen, nämlich hiebreife, gut spaltbare Schindelbäume von Tanne und Lärche zu finden. Am Brandnerhof der Fam. Mayrhofer in Weyregg und bei der Fam. Leitner (Hintere Attweng) am Mühlbachberg bei Traunkirchen wurden nach längeren Waldbegehungen passende Stämme von Forstmann Ellmauer ausgewählt und zur richtigen Mondphase kurz vor dem 10. Neumond von Forstwarteschülern am 30.10. im Praxisunterricht gefällt. Durch Probeklieben eines Schindelstockes wurde die Spalteignung direkt am Waldort geprüft, um kein Risiko einzugehen.

Rechtzeitig zu Kursbeginn wurden die Schindelbloche zur Ausbildungstätte transportiert. So konnte nun der Praxiskurs bei kalter Witterung, aber mit Schneefall, mit den 13 Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern starten. Um die sehr große Gruppe auch gut betreuen und alle Arbeitsschritte der Lehrlinge beim Schindeltraining auch genau beobachten zu können, setzte DI Ellmauer als Verstärkung mit Fwm. Michael Wiesinger und Gartenbaumeister Stefan Binder zwei Kursassistenten ein.

Wichtige Kursinhalte bildeten:

  • Geschichte der Holzschindel – ein 3000jähriges Kulturerbe der Kelten
  • Radiale Spalttechniken und Macharten für Schindel
  • Funktionsweise eines Holzschindeldaches
  • innerer Aufbau des Holzes, Quell- und Schwindverhalten

Schindel-Wettkampf

Am Ende des Kurses gab es den „Schindel-Wettkampf“, bei dem ein jeder der 13 Teilnehmer die Aufgabe erhielt, eine mustergültige alpenländische Schindel zu erzeugen und zur fachkundigen Beurteilung einzureichen. Es galt, die sechs Kriterien für hochwertige Dachschindeln zu erfüllen:

  • Riftspaltung mit stehenden Jahrringen
  • Parallel zugerichtet ohne Drehwuchs
  • Solldicke 12 mm am Fuß
  • konisch verjüngt 8 mm am Hals
  • 45° geneigte Tropfnase
  • unversehrte Holzröhren in vorderer Hälfte (äußerer Witterungsbereich).

Diese strengen Anforderungen waren nicht leicht zu bewerkstelligen, doch das Ergebnis am Ende konnte sich sehen lassen. Alle angehenden Schindelmacher fabrizierten wirklich Top-Schindeln aus Weißtanne und Lärche. Auch die Freude am Handwerk, der tolle Teamgeist und das gute Arbeitsklima waren sehr erfüllende Erfahrungen für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ein Highlight war nach getaner Arbeit der gemeinsame Feierabend in der Schulwerkstatt mit Verfeinerung der Handwerksfertigkeiten an der Hoanzlbank.

Am nächsten Tag wurde fleißig weiter gekloben, geputzt und gespranzt. Am Ende konnten über 600 Schindeln für künftige Verwendungen fertiggestellt werden. Mit Dankesworten von Kursleiter DI Siegfried Ellmauer vom Alm- und Walderbebund Traungau-Austria und einer Abschlussrunde mit durchwegs positiven Reflexionen der angehenden Schindelmacher ging der gelungene Grundkurs zu Ende.

Aufbaukurs mit Eindeckung geplant

Nach der Trocknungsphase ist im Herbst 2025 ein zweitägiger Aufbaukurs geplant, bei dem ein geeignetes Gebäude neu eingedeckt und so das erworbene Schindelwissen vertieft wird. Zu den Details wird rechtzeitig eine Information ergehen.

 

Infobox: Holzschindel-Kliabn im Salzkammergut

Früher wurde in der kalten Winterzeit im Vorland des Höllengebirges auf vielen Bauernhöfen zwischen Traunsee und Attersee von allen Familienmitgliedern von Jung bis Alt hochwertiges Werkholz zum richtigen Zeitpunkt als Mondholz nahe Neumond gefällt. Aus besonders astarmen, gerade gewachsenen Tannen und Lärchenstämmen wurden die begehrten Schindelstöcke geschnitten. Kräfteraubend war dann die Arbeit mit dem Holzschlägel und Keilen, um die „Musel“ in Viertel und Achtel zu spalten. Aus den kern- und splintbefreiten Rohlingen wurden später in aufwendigen Arbeitsschritten mit Schindeleisen (Kleutzeisen, Kliabeisen) die für Dach und Wand begehrten Holzschindel mit viel Feingefühl gekloben, zugerichtet und auf der Hoanzlbank mit dem Reifmesser konisch geputzt.

An einem Tag schaffte ein geübter Schindelmacher bis zu 200 Stück davon, die zum Eindecken von ca. drei Quadratmetern Dachfläche reichen. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts konnte so ein wertvolles Zusatzeinkommen aus dem Wald erwirtschaftet werden. Dieses half über 400 Jahre hindurch, die Lebensgrundlage vieler armer Kleinbauernfamilien in der „Viechtau“ zwischen Traunkirchen und Neukirchen im Aurachtale zu sichern.

 

Text und Bilder zur Verfügung gestellt von Dipl. Ing. Siegfried Ellmauer